Bella Italia mit der Vespa – Pinienduft in der Nase, das Zirpen der Zikaden im Ohr und vor allem kein endloser Autostau auf der im Sommer hoffnungslos überfüllten Via Gardesana… Wunsch oder Wirklichkeit? Für das authentische Gardasee-Gefühl wollten wir diese reizvolle Alternative zum Auto testen – und verliebten uns prompt in den knallroten kleinen Flitzer. Im schicken Ferrari-Rot stand der Kult-Roller glänzend in der Sonne, als wir ihn morgens vom Verleiher abholten. Wir hatten das große Glück, das letzte verfügbare Exemplar an diesem Tag zu ergattern. Ausgestattet mit zwei Helmen (ich bekam einen Helm mit rosa Herzchen, was ich erstmal verdauen musste…) und den Schlüsseln für Anlasser und Kofferbox, sausten wir los.
Zugegeben, rund um dem den Gardasee schafften wir es nicht, dafür ist der zu groß und ein einziger Tag zu kurz. So blieb es bei der Südost-Seite des geliebten Sees, die wir diesmal aus einer völlig anderen Perspektive erleben konnten. Unsere Erfahrungen mit der Vespa teile ich hier gern mit euch.
Lazise
Wir haben die Vespa in Lazise gemietet, dem Ort, an dem ich diesmal unser Hotel (Beitrag hier) gebucht hatte. Das Städtchen mit seinen 7000 Einwohnern wird fast vollständig von der alten Stadtmauer umgeben und man gelangt lediglich durch drei Stadttore in die verwinkelten Gassen der Altstadt. Diese lädt mit ihren kleinen Gassen, der langen Seepromenade und der großen Piazza zum Bummeln ein. Es geht lebhaft zu, doch man findet immer auch ruhige abgelegene Winkel, in die sich erstaunlicherweise kein Tourist verirrt.
Am kleinen Fischerhafen reihen sich die Lokale aneinander und nach Sonnenuntergang sitzt man dort am alten Hafen besonders schön mit dem Blick auf die beleuchtete Kirche San Nicolo aus dem 12. Jahrhundert.
Romantische Abende am alten Fischerhafen
Lazise hat uns schöne, entspannte Urlaubstage und -abende beschert mit einer Vielzahl an zum Teil sehr guten Restaurants, für die man im August jedoch allabendlich eine Reservierung benötigt – auch „nur“ zu zweit.

Ristorante „Classique“, Lazise
Mittwochs ist Markttag, da wird es vormittags voll auf der Seepromenade. Für einen guten Überblick kann ich das Restaurant „Classique“ empfehlen, das etwas erhöht in einer alten historischen und wunderbar restaurierten Villa liegt. Man sitzt unter Bäumen und kann den Blick über den See und das bunte Markttreiben schweifen lassen. Ein Rundgang durch die mit Bodenmosaiken ausgestatteten Innenräume lohnt sich und auch der nach hinten liegende Innenhof mit dem Steak-Restaurant ist einen Besuch wert.
Hinein in die Autoschlange – und flink daran vorbei…
Von Lazise aus ging´s also los mit unserem kleinen roten Flitzer: Wir fuhren zunächst Richtung Süden. Die ersten Meter waren noch etwas wackelig, wir sind beide schon lange nicht mehr mit einem Motorroller gefahren und mussten uns erst „einfühlen“, was aber recht schnell gelang. Hinein in die Autoschlange – und auf die ersten noch zögerlichen Überholversuche folgten schon bald mutigere Manöver. Wir flitzten dahin, rechts der See, links die Weinberge, Sonne und Fahrtwind im Gesicht. Unsere Vespa erwies sich als erstaunlich gut motorisiert und zog ordentlich an. Man saß bemerkenswert bequem und durch die kleine Kofferbox hinten auf der Sitzbank konnten wir unsere Sachen und auch beide Helme gut verstauen, während wir uns die Orte anschauten.
Peschiera del Garda
Unsere erste Station kam in Sicht – Peschiera del Garda, an der Mündung des Flusses Mincio auf mehreren Inseln gelegen und von Kanälen durchzogen. Hier zeigte sich ein weiterer Vorteil unsere Vespa: Man findet überall einen Parkplatz und muss keine Parkgebühren bezahlen.
Wir suchten uns zunächst ein Café und erkundeten dann das Städtchen. Wie fast überall am Gardasee (zumindest im Sommer) waren auch hier viele Touristen unterwegs, aber überlaufen war es keineswegs. Schön saß es sich auf einer der Terrassen über dem Canale di Mezzo mit Blick auf das Fischereimuseum, in dem die Geschichte der Fischerei am Gardasee dargestellt wird (Tipp für Regentage!). Davor liegen bunte Fischerboote Seite an Seite, ein hübscher Anblick.
Der Ort hat mehrere Häfen und Schiffsanleger sowie eine lange Uferpromenade, an die sich einige Kiesstrände anschließen. Hier ist das Ufer und Hinterland flach, man gelangt auch mit dem unmotorisierten Rad problemlos und entspannt in die benachbarten Orte Colombare und Sirmione.
Bardolino
Na, an was erinnert der Name? Richtig – der Rotwein… In den Ort dessen Herkunft zog es uns nun, vorbei an Lazise und Garda wieder nordwärts. Hier war gerade Wochenmarkt (donnerstags) und so konnten wir zunächst nicht viel von der wunderschönen und neu gebauten Uferpromenade („Lungolago Roma“) und dem malerischen Fischerhafen erkennen. Zur Überbrückung ein Glas Bardolino trinkend (etwas anderes wäre ja Verrat…), warteten wir, bis die Marktstände abgebaut wurden und das Getümmel etwas abnahm. Das bunte Warenangebot war uns vom Tag zuvor in Lazise ja schon bestens bekannt…
Frisch gestärkt schlenderten wir also an der geschwungenen Seepromenade entlang bis zum kleinen, gut besuchten Strand im Süden der Stadt, und kamen durch einen Park zurück in die hübsche Altstadt. Die ist hier größer als in den anderen Orten, obwohl Bardolino keine 7000 Einwohner zählt.
Ein schicker kleine Hafen und aristokratische Villen – Bardolino zeigt sich mondän
Hier findet man sowohl mondäne Cafés (Tipp: „Million Fashion Café“ mit fantastischen Cocktailkreationen zu überraschend vernünftigen Preisen; Piazza Guerrieri 3) und noble Modegeschäfte als auch verträumte Ecken und enge blumenüberrankte Gassen, weite Plätze und einen schicken kleinen Hafen mit einer darüberführenden Fußgängerbrücke. Herrschaftliche Villen und weitläufige Parklandschaften rundeten das Bild des aristokratischen Wein-Städtchens ab, in dem es sich bestimmt gut leben lässt – wir haben uns den Ort für einen der nächsten Gardasee-Trips schon vorgemerkt.

„Million Fashion Café“ an der Piazza Guerrieri, Bardolino
Torri del Benaco
Schon einen Tag zuvor vom Boot aus fiel uns die wunderschöne, blumenumrankte Uferpromenade auf und wir beschlossen, dieses hübsche Örtchen ebenfalls auf unserer Vespa-Tour zu erkunden. Inzwischen bereitete uns das Fahren mit dem agilen Flitzer richtig Spaß!
In Torri del Benaco scheint die Zeit stillzustehen – hier trafen wir nur eine Handvoll Urlauber, was nach dem Gedränge in Bardolino eine Wohltat war… Der kleine Ort (2900 Einwohner) mit dem großem Scaligerkastell und dem runden Hafenbecken verströmte einen stillen Charme und verzauberte uns mit seiner Unaufdringlichkeit in den gepflegten kleinen Gassen. Nur ein paar wenige Geschäfte, einige Restaurants mit wunderschönen Terrassen über dem See, blumenumrankte Häuser und ruhige Plätze – viel mehr gibt es nicht zu entdecken, doch genau diese Ruhe sucht man in den anderen, überlaufenen Orten des Gardasees oftmals vergeblich.
Mittlerweile war es sehr warm geworden und wir flüchteten in den Schatten einer der Seeterrassen. Hier geht der Blick bereits hoch in die Berge, während bei Garda, Bardolino und Lazise der See breiter und der Blick damit weiter wird. Noch weiter nördlich, in Malcesine, wird das Ufer schmal, die Bergwände ragen steil empor.
Das liebe ich am Gardasee – man findet hier einfach alles: Höhenluft und Strandleben, seichte Lagunen und blühende Bergwiesen, turbulente Städtchen und stille Dörfer, Hafenflair und Hüttencharme. Erste südliche Wärme im Frühjahr, blühende Zitronenbäume und uralte Olivenbäume, Schnee für den Winter, Weingüter für den Herbst und Segelschulen für den Sommer – alles in einer Region und von Deutschland relativ schnell und gut mit dem Auto erreichbar.
Aber ich schweife ab… Torri del Benaco mit seiner zurückhaltenden Stille jenseits des Trubels ist für ruhesuchende Urlauber, die weder auf die Nähe zum See noch auf die unmittelbar hinter dem Ort beginnenden Berge verzichten wollen, wahrscheinlich die richtige Wahl.
Wir mussten weiter, denn der Verleih-Tag der Vespa neigte sich leider dem Ende entgegen. Ein letzter Abstecher sollte es noch sein, dann rollten wir zurück nach Lazise.
Punto San Vigilio
Am Fuße des Monte Baldo, zwischen Torri del Benaco und Garda gelegen, sticht die markante Landzunge mit der alten Villa sowohl von Land- als auch von Seeseite ins Auge. Gefühlte hundert Mal vorbeigefahren, jetzt wollten wir uns hier mal genauer umschauen.
Und sieh an: Hier findet man einen der bezauberndsten Orte am Gardasee – eine 1540 errichtete Villa mit Orangerie, Olivenhainen und eigenem Hafenbecken. Der nebenan liegende Park „Baia delle Sirene“ bietet einen der schönsten, aber kostenpflichtigen Strände des Gardasees in einer kleinen Bucht mit glasklarem Wasser (Tipp: Motorboot mieten und dort ankern zum Baden).
In der alten Villa scheint die Zeit stehengeblieben zu sein…
Durch die Zypressenallee und über uralte Natursteinwege taucht man in eine andere Zeit hinab, durch den Torbogen fällt der Blick auf das ovale Hafenbecken und auf vergangene Zeiten. Ein magischer Ort, der zum Bleiben einlädt, sofern es der Geldbeutel zulässt. Denn die im Privatbesitz befindliche „Villa Brenzone“ beherbergt ein kleines, feines Hotel, die „Locanda San Vigilio mit sieben Zimmern und sieben Suiten, teils mit eigenem Garten und natürlich einem Pool. Das Restaurant mit unvergleichlichem Seeblick erfordert frühzeitige Reservierung, in der kleinen rustikalen Taverne nebenan unter Weinlaub findet man auch im Sommer mit etwas Wartezeit einen Platz. Mondände Riva-Boote schaukeln in den glitzernden Wellen, und an den Tischen sieht man entspannte Gesichter, der Sonne zugewandt. Wie gern würden wir noch eine Weile bleiben, doch drängte die Zeit bis zur Rückgabe unserer kleinen Roten.
Lässig an den Autoschlangen vorbeisurrend, genossen wir die letzten Kilometer mit der Nase im Wind und nahmen schweren Herzens Abschied von „unsere“ Vespa. Was bleibt, ist die Erinnerung an einen besonderen Tag mit einem Stück italienischem Lebensgefühl, den uns der kleine Roller vermittelte. Wir haben viel gesehen, kamen zügig voran, hatten keinerlei Parkplatzprobleme, dafür aber viel Spaß. Unser Fazit: Nächstes Jahr wieder!
Info:
Vespa z.B. über Rental Vespa Lazise, Via Gardesana 42, Lazise; ca. 70 ,-€/Tag, frühzeitige Reservierung dringend empfehlenswert!
Wer es auch probieren will: Viel Spaß!
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